Brandbomben

Das Klassenzimmer hieß im Missionshaus „Studiersaal“. Für Ordnung und die Heizung im Winter war der sogenannte „Klassenordner“ verantwortlich. In der Untertertia lag unser Studiersaal links vom Haupteingang, der auch das Missionsmuseum beherbergte. Der Kachelofen stand im Studiersaal in der hinteren linken Ecke. Zu den Heizutensilien gehörte ein Behälter mit Holz, vor dem Zeitungen zum Anfeuern lagen. Ein eiserner Schürhaken war das wichtigste Utensil des Heizers. Um das Feuer im Gang zu halten, durfte der Klassenordner auch während des Unterrichts nach hinten gehen und nachlegen, denn das Feuer sollte ja regelmäßig brennen. Von einem Klassenordner erwarteten wir dabei ein besonderes pyrotechnisches Meisterstück. Dieser knüllte ein Stück Zeitung so zusammen, dass der Durchmesser der Papierkugel ungefähr dem Durchmesser des Kaminrohres entsprach, wozu zwei Doppelseiten genau passten. Diese Papierkugel schob er nun mit dem Schürhaken in das untere Endstück des Kaminrohres und ließ sie dann durch eine geschickte Drehung des Schürhakens los. Im blockierten Rohr entstand nun ein Unterdruck, der den inzwischen brennenden Papierball nach oben zog und mit Schwung aus dem Kamin auf dem Dach rauszog. Wenn nun der Wind in die richtige Richtung wehte, was der Klassenordner in der Pause davor eruieren musste, trieb die Papierkugel langsam und brennend am Fenster des Klassenzimmers vorbei. Dieses Spektakel war nur an wenigen Tagen im Winter möglich. Umso spannender wurde dann der Schulmorgen. Entsprechend fiel unsere Anerkennung für den erfolgreichen Pyrotechniker aus.

Klaus Weiss

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