P. Bumiller

Bumiller Hatte er eigentlich Humor? Falls ja, dann kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber was er hatte, war eine starke Ausstrahlung. Eher von kleiner Statur wirkte er doch auf mich wie eine Art Urgestein. Ich meine, wir hätten ihn „Bummi“ genannt. Aber was mir nachdrücklich in Erinnerung geblieben ist, sind seine offenbar sehr kenntnisreichen und detaillierten Erzählungen, die wir heute in der Esoterik-Abteilung unterbringen würden.

Zum einen war sein Thema der Satanismus: ich lernte bei ihm, was man unter einem Exorzismus versteht, dass das 6. und 7. Buch Moses mittelalterliche Fälschungen seien, die mit der Bibel absolut nichts zu tun hätten, sondern Zauberbücher mit geheimnisvollen magischen Ritualen und Möglichkeiten, den Teufel zu beschwören. Aus seinem Mund hörte ich erstmals den Namen des Jesuitenpaters Adolf Rodewyk, der damals In Frankfurt schon ein bekannter Exorzist gewesen ist. Allerdings bin ich ihm während meines Theologiestudiums an der Phil.-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt nie begegnet. Pater Rodewyk wird dann viele Jahre später im Fall der Anneliese Michels eine sehr umstrittene Rolle spielen.

Zum anderen begeisterte Pater Bumiller uns damals mit seinen Erzählungen über die Kunst des Pendelns. (Ich habe heute noch ein, wenn auch selten gebrauchtes, Pendel!) Und er schwor darauf, dass irgendein Mediziner (?) bei ihm schon per Pendel die erstaunlichsten Diagnosen gestellt habe. Und als er mal nicht zum persönlichsten Bependeltwerden wegfahren konnte, bat ihn jeder Medizinmann, er solle ihm per Post ein paar Bartstoppeln schicken, über denen könne man ebenfalls das Pendel kreisen lassen. Irgendwann tauchte im Missionshaus eine Art Baukasten mit div. Materialien und Teilen auf; war es für den Physikunterricht? Auf jeden Fall befand sich in diesem Kasten auch ein Maurerlot, was uns als Versuchspendel bestens geeignet schien. Pater Bumiller kam dazu, als wir uns gegenseitig bependelten und dabei scharf aufpassten, dass keiner dieses Lot irgendwie mit dem Finger in künstliche Schwingungen versetzte. Pater Bumiller konfiszierte diesen Kasten sofort und ermahnte uns, dass man damit weder spielen noch Unfug treiben dürfe, weil man damit „jenseitige“ Mächte oder andere unkontrollierbare Kräfte in Gang setzen könne.

Auf jeden Fall fand ich in dieser Zeit Pater Bumillers Worte dermaßen interessant, dass ich in allen Ferien zuhause meine Eltern mit den neuesten Bumiller-Erzählungen nervte, bis mein Vater eines Tages ein vollkommenes Erzählverbot erließ: Er könne „Pater Bumiller hat gesagt . . . “ nicht mehr hören und Neuigkeiten vom Teufel wolle er schon mal gar wissen.

Fest steht aber, dass ich mir damals die Bumiller-Stories besser einprägte als das Griechisch, welches ich bei ihm zu lernen hatte. Das hieß, dass nach dem Verlassen des Missionshauses für mich höchster Nachhol-Aufwand in Sachen Altgriechisch angesagt war.

Stefan Lutz Bachmann
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