Internatsleben und Kreativität

P. August
		Freckmann

P. August Freckmann (PAF)am 1.9.1957 in Nordafrika auf einem Kamel. Solche Fotos waren für uns Pennäler beeindruckend und motivierten, das angestrebte Ziel fester und entschlossener anzugehen
Der immer wiederkehrende, gleiche Tagesablauf im Missionshaus brachte einen gewissen Rhythmus in unser Leben. Andererseits ist so eine Gleichförmigkeit für manchen Pennäler – so auch für mich - furchtbar langweilig. Freilich konnten wir uns immer wieder mit schulischen Aufgabenstellungen beschäftigen, aber dies war nicht jedermanns Sache. Mancher hat dann heimlich, damit es die Aufsicht nicht merkt, in einem spannenden Buch geschmökert oder sich irgendwie mit irgendetwas beschäftigt, was so nach schulischer Arbeit aussah, aber in eine ganz andere Richtung ging.

Dieser Sachverhalt hat sich auch nicht durch einen Wechsel z.B. von Haigerloch nach Großkrotzenburg grundlegend geändert. Zwar sind die schulischen Anforderungen gewachsen, aber auch gleichzeitig der Wunsch nach Abwechslung. Um dieser Kalamität zu entgehen, habe ich immer wieder neben meinem Orgelhobby, andere Betätigungsfelder gesucht und so fing ich an, kleine Büchlein zu schreiben. Das schien mir kreativ und abwechslungsreich zugleich. Diese Tätigkeit während der offiziellen Studienzeit fiel nicht besonders auf.

Vier von diesen Miniaturbändchen im Oktavformat mit den folgenden Themen habe ich heute noch in meinen Erinnerungskisten: unsere Pfarrkirche Heilig-Kreuz in Frankfurt, Orgelbautechnik, ein Theaterstück mit dem Titel „Das Extemporale“ und schließlich ein kleines Heftchen mit dem superfrommen Namen „… fiat voluntas tua…“ . Letzteres Heftchen habe ich 1960 zum Geburtstag meines Vaters zusammengestellt. Was mir damals besonderen Spaß gemacht hat, war die nahezu professionelle Ausstattung der Hefte: Leinenbindung, buntes Cover und Schönschriftschreibweise mit Tusche und Feder. Die Bindung geschah in der hauseigenen Buchbinderei hinten im Nebengebäude. Damals war unser Klassenkamerad Ludwig Pfaff für dieses Gewerk zuständig und da ich einen recht guten Draht zu ihm hatte, konnte ich gelegentlich in der Mittagspause dort unter seiner Anleitung werkeln, denn Ludwig arbeitet wie ein echter Profi, war doch System und exzellente Ordnung sein Ding. Er hatte beispielsweise seine Hemden und die Unterwäsche in seinem Spint mit dem Lineal ganz exakt aufgeschichtet, was ihm immer wieder das besonders dicke Lob der gelegentlich kontrollierenden Patres einbrachte.
Inhaltlich bringt „...fiat voluntas tua...“ den Tagesablauf in der Kreuzburg und stellt diesen als gottgewollte Voraussetzung für das spätere Missionarsleben dar. Ich – und ich denke, viele meiner Mitschüler – war damals fest davon überzeugt, dass ein späteres Leben als Missionar in Afrika meine/unsere Zukunft ist. Etwas anderes kam für mich wie für die meisten anderen nicht in Frage. Übrigens der im Text erwähnte bärtige Bruder, der die anderen morgens weckte, war Br. Eduard, ein wahres Original, ein echter alter „Haudegen“, ein Missionar alten Stiles mit Kimme und Korn. Leider habe ich kein Foto von ihm. Er soll im Krieg ein Auge verloren haben, was ihn aber wenig beeindruckte. Trotzdem fuhr er mit dem hauseigenen Unimog mit Vehemenz und Selbstbewusstsein recht zügig durch die kleinen Gässchen von Großkrotzenburg. Meines Wissens ist aus diesem Grund irgendwann einmal die Polizei im Haus aufgetaucht, was aber seinen Fahrstil wenig beeinflusst hat. (und hier kommen jetzt die 30 Seiten des Büchleins)

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Stadecken, den 25.11.2015

Hajo Stenger

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