Impressionen aus Königstein

Klinger
Direktor A. Klinger an Fastnacht
Unser Jahrgang (Abi 67) war der erste, der nicht mehr nach Großkrotzenburg durfte. Wir hatten uns ja so sehr darauf gefreut und nun hieß es, dass man für uns einen Ersatz gefunden hatte: das Albertus-Magnus-Kolleg der Ostpriesterhilfe in Königstein im Taunus. So fing das kleine Häufchen, das von unserer Klasse noch übriggeblieben war (Josef Elser, Alfred Epple, Walter Haag, Hans-Jakob Huppertz, Otto Mayer und Josef Schwörer ), im Kurzschuljahr 1966 in Königstein an. Irgendwie wurden wir immer als Gruppe wahrgenommen und so fühlten und verhielten wir uns auch. Wir kannten uns ja schon immerhin einige Jahre und es hatten sich sehr gute Freundschaften gebildet, die, wie sich gezeigt hat, auch über Jahrzehnte Bestand gehabt haben. Wir integrierten uns in der neuen Klasse recht gut und fühlten uns nach kurzer Zeit sehr wohl in Königstein. Dazu trug sicher die größere Freiheit bei, die wir als Oberstufenschüler genossen, aber auch die Persönlichkeit von Anton Klinger (Spitzname Toni), dem damaligen Direktor des Internats, vor dem wir großen Respekt hatten. Auch war für uns neu, dass wir in relativ kleinen Wohneinheiten untergebracht waren und wir unseren kleinen Arbeits- und Wohnbereich ganz individuell gestalten konnten.

Seltsamerweise sind Haigerloch und Hechingen viel intensiver Erinnerung als Königstein. Trotzdem gab es natürlich Dinge, die man nicht so leicht vergisst:

  • Enmal reisten wir zu einer "Jugend forscht"-Veranstaltung nach Höchst. Hauptredner war Henri Nannen
  • Auf der Loreley nahmen wir aktiv an einem großen Jugendtreffen teil. Hans-Dieter Hüsch ist damals mit uns als Hintergrundchor aufgetreten und hat auch vorher mit uns in Königstein geprobt.
  • Einmal wurde im Internat eingebrochen. Beim nächsten Gottesdienst hat ein Pater den Einbruch auf folgende Weise thematisiert: "Mir hat heute Nacht geträumt, dass Einbrecher etc.". Der damalige Zelebrant war nicht unbeliebt, aber wir haben uns noch monatelang über diese "Nummer" amüsiert.
  • Trotz größerer Freiheiten, konnten wir das Internat doch nicht immer so verlassen, wie wir gerade wollten. Unsere Solidarität in der Klasse war natürlich schon legendär und es gab immer jemand, der nachts im Erdgeschoss dafür sorgte, dass ein Fenster offen blieb, durch das diejenigen, die abends ausgebüchst waren, einsteigen konnten. Einmal hat sich der Direktor öffentlich darüber aufgeregt - ob er sich wirklich geärgert hat, weiß ich bis heute nicht - dass er abends dauernd besagtes Fenster schließen müsse.
  • Herr Lehnhäuser, unser Lateinlehrer trug ein Hörgerät. Das war damals noch ein Kasten so groß wie eine Zigarettenschachtel. Manchmal legte er dieses Hörgerät vor sich auf den Lehrertisch. Wenn jetzt unter uns Schülern ein höherer Kommunikationsbedarf mit Austausch von wichtigen Infos angesagt war, z. B. während einer Klassenarbeit, musste jemand in der ersten Reihe gegen den Tisch stoßen oder "völlig geistesabwesend" sein Buch auf den Lehrertisch knallen. Die Reaktion war eingeplant. Herr Lehnhäuser drehte sein Hörgerät schnell zurück und in der Klasse rauschte es wie im Blätterwald. Als dann das Hörgerät wieder in normaler Empfangsstellung war, konnte man eine Stecknadel fallen hören - waren die Eleven doch eifrigst damit beschäftigt, ihr neugewonnenes Wissen zu Papier zu bringen. Ja, wir waren manchmal gemein - aber wir mochten Leni auch, wie wir ihn liebevoll nannten und vielleicht hat er das Spielchen einfach mitgemacht und uns in demy Glauben gelassen, was wir doch für pfiffige Kerle waren.
  • In der Deutschstunde saß Dr. Mattausch, alias Klops, vorne auf seinem Pult, und hat aus seinem unerschöpflichen Wissen die ganze Stunde freundlich und fundiert auf uns eingeplaudert. Heute wünsche ich, ich hätte mehr zugehört, weil er ja wirklich etwas zu sagen hatte, aber damals wusste man das einfach nicht so zu würdigen. Wir haben den Unterricht zwar nicht gestört, waren aber - mit wenigen interessierten Ausnahmen - häufig in Gedanken in ganz anderen Gefilden. Herr Mattausch hat es wohl biblisch gelassen gesehen: "Wer Ohren hat zu hören, der höre."
  • Bei Herrn Blumrich, alias Blume, hatten wir Kunstunterricht. Hier musste ich mein erstes Referat (über Paul Klee) halten und da habe ich mich richtig reingekniet und das hat mir auch Spaß gemacht. Herr Blume hat uns die Unterschiede zwischen den verschiedenen Baustilen näher gebracht und mit uns damals auch eine hochinteressante Exkursion nach Lorsch und Speyer gemacht. Da habe ich wirklich viel gelernt, was mir noch heute zugute kommt.
  • Wir waren damals alle so zwischen 18 und 20 Jahren alt und das war für viele von uns eine Zeit schwieriger persönlicher Entscheidungen, wobei die Frage, ob man für den Priesterberuf geeignet war, in meinem persönlichen Umfeld doch eine wichtige Rolle spielte. Ich erinnere mich an so manches Gespräch, vor allem mit Seppli (Josef Schwörer) und Otto (P. Otto Mayer) und es war gut zu wissen, dass andere sich mit dieser Frage ebenfalls beschäftigten. Die Tatsache, dass wir mit den "Uschis", den Schülerinnen der Ursulinen am Ort, guten oder sehr guten Kontakt hatte, sorgte zudem für anregende Unruhe in einem Alter, in dem man zuerst einmal auf der Suche nach sich selber ist. Das vorherrschende Gefühl war für mich immer, dass man unter guten Freunden und in einem guten Umfeld sich geborgen fühlen konnte und dass eine gute Zukunft vor einem liegt, wie auch immer die Entscheidung ausfällt.
Vielleicht fallen mir im Laufe der Zeit noch andere Dinge ein. Ich behalte mir einfach vor, Dinge hinzuzufügen, oder auch mal zu entfernen. Schön wäre es jedoch, wenn von anderer Seite auch noch Beiträge kommen würden. Wie war das Motto von Bischof Kindermann noch, der im großen Gebäude gegenüber unserem Internat residierte? "Contra spem, in spem."

Hajo Stenger schreibt ergänzend dazu:

  • Von 1970 bis 1971 war ich Kaplan in Königstein; es war dies meine erste Stelle nach der Priesterweihe. Die Zeit dort war für mich herrlich. Im Pfarrhaus wohnte damals Pfarrer Heinze und Herr OStR. Manfred Stolte. Letzteren müsstest Du eigentlich noch kennen, denn der hat an dieser Schule unterrichtet (hieß sie nicht Neumann-Schule? Stolte hat meines Wissens u.a. Religion unterrichtet.). Wir drei haben uns prima verstanden und waren sehr aufgeschlossen für die Neuerungen, die sich damals in Kirche und Gesellschaft ereignet haben. Eigentlich haben wir im Pfarrhaus ein sehr "profanes" Leben geführt. Über einige Bewohner dieser Ostpriesterhilfe(Schule) haben wir furchtbar gelästert, weil uns Stolte täglich die Neuigkeiten auftischte. Mir ist noch gut der Name Kruschina, der öfter fiel, in Erinnerung. Stolte hat sich später auch laiisieren lassen und hat geheiratet.
  • In der Pfarrei Königstein habe ich mit großem Einsatz gewirkt; da habe ich beispielsweise erstmals Mädchen als Messdienerinner eingeführt und besondere Kindergottesdienste gehalten. Bis heute habe ich noch lockeren Kontakt zu einigen.
  • Meine jüngere Schwester (geb. 1957) war Schülerin an der Ursulinenschule und fuhr täglich von Frankfurt-Bornheim nach Königstein. Meine Mutter hatte diesen Schulbesuch gewollt, weil sie selbst früher zu den Ursulinen in die Schule gegangen war.


Alfred Epple, 8.7.2015

Zurück zu Erinnerungen