Frl. Dr. Schmitz

Dr. Schmitz Frl. Dr. Schmitz war nach der Sexta meine Lateinlehrerin. Anfangs empfand ich sie als streng, im Laufe der Zeit entpuppte sie sich als eine ganz liebenswürdige, kompetente und hochsensible Lehrerin, die mit ihrer feinen Art uns Rabauken durchaus unter Kontrolle hielt und uns die Grundlagen des Latein und der Höflichkeit gründlich beibrachte.
Dass wir Kindsköpfe selbst in der Untersekunda immer wieder neue Streiche ausheckten, war von uns eher ein Zeichen der Zuneigung als Respektlosigkeit. Ich denke beispielsweise an die legendären "Herzattacken" die Seppli während der Lateinstunde ankamen, die Maus in der Schublade im Pult, die sie fast in Schockstarre versetzte, die Hämmerchen im Klavier, die sich mit Schnüren von den Sitzen aus aktivieren ließen. Die Töne, die aus dem Klavier kamen, konnten wir uns natürlich überhaupt nicht erklären.
Was immer wir anstellten, Frl. Dr. Schmitz war uns nie wirklich böse und wir haben die seltenen Strafen ("Manfred Du bekommst gleich eine Strafarbeit und Alfred obendrein") auch mit Gleichmut ertragen. Frl. Doktor war auch die Lehrerin, die uns mehrfach zu sich nach Hause in die Kaplanei von St. Anna eingeladen hat, wo es köstlichen Kartoffelsalat mit Würstchen gegeben hat. Wir spürten, dass sie uns mochte und wir mochten sie auch sehr, auch wenn wir dieses Gefühl nicht immer so richtig zeigen konnten.

Eine interessante Lektion in Sachen Emanzipation werde ich nie vergessen. Sie bestand ja immer auf ihrem Doktortitel mit der Begründung, dass jede Arztfrau, egal was sie für eine Ausbildung hat, (damals) mit Frau Doktor angeredet wurde, während sie ihren Doktortitel redlich erarbeitet hat und sich deshalb auch das Recht herausnimmt, mit Fräulein Doktor angeredet zu werden.

Alfred Epple
Fidel Matthias Fischer schreibt ergänzend dazu:

Obwohl Fräulein Dr. Schmitz mehrere Jahre meine Klassenlehrerin war, fällt mir eigentlich nicht viel ein. Irgendwie entwickelte Sie zu mir (wahrscheinliche aufgrund unserer großen Familie) irgendwelche mütterlichen Gefühle. Zumindest steckte Sie mir Schulbedarf (Hefte, Bleistifte) oder bei jeder Wanderung bzw. jedem Ausflug Süßigkeiten oder gelegentlich auch ein paar Münzen zu. Ich habe mich darum auch nicht getraut, irgendwelche Späßchen mit ihr zu treiben. Ich weiß nur noch, wie sie sich verschmitzt über Kleinigkeiten freuen und mitfreuen konnte, andererseits aber maßlos enttäuscht war, wenn sie sich in ihrer Gutmütigkeit oder Hilfsbereitschaft ausgenutzt oder hintergangen fühlte. Auf Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit hat Sie größten Wert gelegt. Irgendwie hatte ich immer den Eindruck, dass, obwohl Sie ja evangelisch war, wir Missionsschüler ihr immer näher als die „Stadtschüler“ lagen.

Nie vergessen werde ich die Weihnachtsfeier 1963 des Progymnasiums im Exerzitiensaal des Missionshauses. Meine Klasse musste ein Krippenspiel unter Regie von Frl. Dr. Schmitz aufführen. Als Junge hatte ich wohl eine einigermaßen gute Singstimme, und so musste ich – eingehüllt in den Schaffell-Bettvorleger von Madam – als Hirte laut das Lied „O laufet Ihr Hirten, lauft alle zugleich…“ singend zu der Krippenszene stoßen. Eine Story, bei der jedes Jahr schon meine Enkel müde abwinken, wenn ich mit meinen Erinnerungen an Krippenspiele ansetze…

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