Anmerkungen zu "Schwert oder Kreuz"

Wie aus dem Datum eingangs ersichtlich, schrieb ich diesen Text im Rahmen einer kurzen Serie von drei Erzählungen als Fünfzehnjähriger in Haigerloch. Das etwas großzügig formulierte op. I (opus) lässt darauf schließen, dass ich wohl - wie als echter Schriftsteller! - weitere Texte in Planung hatte.
Tatsächlich fand ich nach vielem Umräumen noch zwei weitere Texte. So gibt es jetzt neben diesem „Schwert oder Kreuz (I)“ noch „Ein Römer sucht Gott (II)“ und „Rufus Weg“ (III). Alle Texte haben als Zentralmotiv die Kreuzigung auf Golgatha, nehmen aber Nebenfiguren in den Fokus, die sich entweder auf Golgatha zu oder von dort wegbewegen. Tonfall und Duktus der kleinen Erzählungen orientiert sich wohl an der damaligen Erbauungsliteratur und den Heiligenlegenden. --
Dieser Text spiegelt gewiss die intensive religiöse Erziehung wider, die wir genossen haben. Anstoß zu dieser kleinen Erzählung war, wie aus der kommentierenden Nachschrift unter den Text hervorgeht, die Predigt meines Heimatpfarrers Kwasniok in St. Aposteln (Frankfurt), der am Fest der Unschuldigen Kinder anmerkte: „Wer weiß, was aus den Kindern geworden wäre …?“ ich habe mir also daraufhin Gedanken gemacht, was hätte sein können. Dem Pfarrer habe ich den Text nie vorgelegt; hätte ich eigentlich machen können. Er hätte sich bestimmt gefreut, dass seine Worte wirksam waren. Dieser, wie auch die anderen beiden Texte versuchen immer, die Bibel als erzählerische Vorlage zu nehmen, um den dort auftretenden Figuren eine eigene, sehr persönliche Geschichte und Tiefe zu geben. Und Figuren und ihre Lebenswege zu verknüpfen; hier also eines der unschuldigen Kinder den Schächer am Kreuz werden zu lassen. Dass der Text wieder etwas dramatisch-schwülstig ausfällt („Oh!“) , seien Ort und Zeit geschuldet. Dismas musste ja ein Verbrecher werden, wenn er als eintägiges Baby schon das Verbrechertuch umgebunden hatte – gäb vielleicht psychoanalytisch was her?! Wie weltmännisch ich wusste, „wie nur der Orientale mit jeder Faser seines Herzens zu hassen vermag“. Und auch schon dem Dativ wird knallhart der Todesstoß versetzt – „wegen dem Wanderprediger“. Aus meinem recht unpassenden „Alexander“ hat mir eine andere Schrift manchmal „Dismas“ gemacht; jemand muss den Text also gelesen haben. Ich habe dann den Namen überall mit Bleistift korrigiert. Der Tradition, nicht der Bibel nach, werden die beiden Männer Dismas und Gesmas genannt. Mein „Baruch“ hätte also „Gesmas“ sein müssen. Nur im Lukasevangelium geht Dismas mit Jesus ins Paradies ein. Bei Markus und Matthäus schmähen beide Verbrecher am Kreuz. Mir war die Tradition damals nicht bekannt, dem korrigierenden Mitschüler dagegen zumindest etwas. Über die Rezeption der Texte im Missionshaus weiß ich nicht mehr allzu viel. Ich muss diese drei Geschichten jedenfalls im Kreise der Kameraden vergeben (deshalb die Namenskorrektur) oder sogar vorgelesen haben. Freddy beispielsweise kann sich dunkel an „Ein Römer sucht Gott“ erinnern; mein Bruder Meinolf (ein Jahr unter mir) dagegen ganz und gar nicht.

Hier geht es zum Original-Text mit anschließender Transkription

22.2.2016
Raimund Pousset


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