"Heidenkinderkauf"

Es ist schon klar: Eigentlich darf das in der Überschrift verwandte Wort heute gar nicht mehr benutzt werden! Deswegen habe ich es auch in Anführungszeichen gesetzt. Ich erinnere mich noch, dass wir damals in Haigerloch ermutigt wurden, solche Käufe zu organisieren. Vor den Ferien empfahl der Superior uns Schülern, bei Freunden und Verwandten nachzufragen, ob nicht jemand ein Negerkind/Heidenkind kaufen möchte. Der Preis ist 21 DM. Zum Beginn des Tertials brachten dann die Schüler – einige waren es immer – das Geld mit und übergaben es dem zuständigen Pater. Dieser hat sodann die Bildchen ausgestellt und man sagte uns, dass demnächst in Afrika, in den Missionsgebieten der Weißen Väter Kinder auf den im Bildtext erwähnten Namen getauft werden und wir seien die Paten dieser Kinder, d.h. wir sollten für diese beten. Im Grund eine durchaus gute Sache, für jemanden zu beten. Allerdings der Kauf von Kindern ist aus heutiger Sicht verwerflich. Aber Geschichte ist geschehen und man kann sie nur verstehen, wenn man sich in die jeweilige Zeit zurückversetzt.

Abb. 1 Vorder- und Rückseiten von „Kaufurkunden“

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Abb. 2 Vorder- und Rückseiten von Postkarten aus der Vorkriegszeit zur Dankesmitteilung für das Patengeschenk. Es gab diese Karten auch mit dem Bild des Missionshauses auf der Vorderseite.

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Meinolf Pousset kann sich noch gut erinnern, dass er als Jugendlicher ebenfalls ein "Heidenkind gekauft" hat.
"Ich hatte auch so ein Patenkind und hatte die 21 DM von meinem Taschengeld zusammengespart. Ich dachte das sei nur eine Unterstützung der Taufe: Taufkerze etc. Ich war überrascht als ich den Namen festlegen sollte. Da fiel mir nichts besseres ein als: Meinolf!! Ich habe mich viele Jahre geschämt, dass ich einem schwarzen Kind diesen „germanischen/teutonischen“ Namen verpasst hatte. Ich hatte/habe ja erlebt, dass man mit so einem Namen immer „mindestens überraschte“ Kommentare bekommt. Auch die Kenntnis dass der Hl. Meinolf ein Patenkind Karls d. Großen gewesen ist, wird dem armen Afrikaner nicht viel geholfen haben.
Heute tröste ich mich damit, dass der Knabe Meinolf vermutlich in ganz Afrika „einzigartig“ war. So wie ich sicherlich der einzige Meinolf Pousset weltweit bin.""
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