Bericht von P. Heinrich Österle über seine Erlebnisse während des Mulele-Aufstands
Bei dem Aufstand des Mulele im Jahr 1964-65, wurde ich zusammen mit meinen Mitbrüdern zwei Mal als
Geisel genommen. Die Rebellen wollten uns erschießen. Wir wurden aber durch eine Gruppe Söldner
gerettet und nach Europa evakuiert. P. Henn hat in der Zeitschrift der Weißen Väter dem
„Afrikaboten“ im Januar 1965 einen Artikel von mir veröffentlicht über meine Erlebnisse während der
Rebellion. Damals hatte ich noch alles in frischer Erinnerung.
Wie kam es zu dem Aufstand des Rebellenführers Mulele? Gleich nach der Unabhängigkeit vom Kongo im Jahr 1960 kam es zu Meutereien in der Armee. Die kongolesischen Soldaten wollten keine belgischen Offiziere mehr, die auch nach der Unabheitigkeitserklärung immer noch die Armee dirigierten. Bei diesen Unruhen, die sich im ganzen Kongo verbreiteten, wurden wir Missionare zusammen mit den anderen Weißen misshandelt und ins Gefängnis gesteckt. Auch ich und die anderen Patres aus unserer Pfarrei und den Nachbarpfarreien kamen für drei Tage in das Gefängnis von Bunia. Auch der Bischof von Bunia, ein Belgier, wurde festgenommen. Viele Nichtkongolesen flohen aus dem Land. Bald aber kam der Umsturz mit der Ermordung des Lumumba. Mobutu kam an die Macht. Darauf war es wieder relativ ruhig. Die Ausländer, Belgier, Inder und Griechen kehrten in den Kongo zurück und auch wir Missionare konnten ungestört unserer Arbeit nachkommen. In den kommenden Jahren nahm die Korruption in den führenden Kreisen und der ökonomische Zerfall immer mehr zu, sodass die Bevölkerung immer unzufriedener wurde mit der Regierung.
Das wurde benutzt von den Russen und Chinesen, die in den Nachbarländern ihre Leute an die Macht gebracht hatten, um eine Revolution anzuzetteln. Zuerst wurde die Jugend der MNC (die Partei des ermordeten Lumumba) neu organisiert. Im Ausland, vor allem in Russland und in China wurden die früheren Führer der MNC als Revolutionäre ausgebildet. So war auch der Bruder eines unserer Arbeiter unserer Pfarrei in Moskau. Im Jahr 1964 brach die Rebellion gegen die Regierung von Mobutu aus, zuerst im Süden des Landes, in Katanga.
Bei uns in der Nähe wohnte ein Russe, der schon 1960 sehr tätig war und der auch jetzt wieder von Anfang an mit den Rebellen in Funkverbindung war und der in unserer Gegend das Kommen der Rebellen vorbereitete. Ein Teil der kongolesischen Armee lief zu den Rebellen über. Bei den Rebellen spielte der Aberglauben eine große Rolle. Sogenannte Zauberer gaben ihnen Medikamente, die sie unverwundbar machten sollten. Die Rebellen glaubten das und gingen deshalb wie wild in den Kampf. Damit das Medikament seine Kraft nicht verlor, mussten sie eine ganze Reihe Vorschriften befolgen. So durften sie z.B. Niemand die Hand geben, durften keinen Sexualverkehr haben u.s.w. Wenn nun einer der Rebellen getötet wurde, sagte man den Anderen, er sei nur deshalb getötet worden, weil er die Vorschriften nicht befolgt hatte. Ein deutscher Arzt in Bukavu hat die Drogen die man ihnen gab untersucht und hat festgestellt, dass diese so stark wirkten, dass wenn er einen Schuss in den Arm oder Fuß bekam, er keinen Schmerz verspürte, solange nicht ein lebenswichtiges Organ getroffen war. In den ersten Wochen kamen die Rebellen von Zeit zu Zeit auf die Missionsstation um Benzin zu holen, natürlich ohne zu zahlen. Ein anders Mal brauchten sie eine Batterie und zum Schluss nahmen sie alle unsere Autos und Motorräder. Die Leute aus den Dörfern mussten den Rebellen zu Essen bringen, Hühner, Ziegen u.s.w. Überall wo sie hinkamen, begann dieses schreckliche Töten von Unschuldigen vor einem Standbild des Lumumba. Auch unser Bischof Thowa Kuba ein Kongolese, zusammen mit seinem belgischen Generalvikar standen vor dem Standbild des Lumumba zur Erschießung weil sie den Rebellen Geld geben sollten, das sie nicht besaßen. In den drei Monaten Besatzung durch die Rebellen, wurden in unserer Gegend hunderte niedergemetzelt. Zuerst waren es diejenigen, die eine führende Stellung hatten und die vom Staat bezahlt wurden. Dazu gehörten auch die Lehrer. Danach wurden von der Lumumba-Jugend viele andere Leute zu den Rebellen geschleppt und der Zauberei, des Diebstahles oder anderer Vergehen angeklagt, und von den Rebellen getötet. Die Leute wurden gezwungen, diesen Hinrichtungen beizuwohnen und Beifall zu klatschen. In Bunia allein wurden über tausend Leute unter schrecklichen Qualen getötet. Eines Tages es war am 30. September 1964, kam ein Rebell in betrunkenem Zustand und befahl uns drei Patres von Luma auf den Lastwagen zu klettern der vor der Missionsstation angehalten hatte, ohne dass wir zurück durften, um etwas mitzunehmen. Um seiner Drohung, uns zu erschießen mehr Gewicht zu geben, stieß er mir mit dem Gewehrkolben in den Rücken, dass ich hinstürzte.Auch fünf italienische Missions-Schwestern mussten auf den Lastwagen klettern. Auch sie durften nichts mitnehmen. Ich hatte gerade noch die Zeit einem kongolesischen Ordensbruder meinen Zimmerschlüssel zuzuwerfen. Die 120 km Fahrt bei Nacht hatten wir die Zeit uns auf den Tod vorzubereiten, denn wir waren auf das Schlimmste gefasst. Als wir in Nioka ankamen, empfing uns der Rebellenführer ganz freundlich. Er sagte er hätte den Befehl alle Patres und Schwestern fest zu nehmen, weil sie in einer Missionsstation ein Funkgerät gefunden haben, mit dem die Amerikaner zu Hilfe gerufen worden wären um die Rebellen zu töten. (Die protestantischen Missionare hatten tatsächlich solche Funkgeräte) Wir konnten auf der Missionsstation übernachten, die von einem einheimischen Priester betreut wurde. Am nächsten Tag wurden wir zum Hauptquartier der Rebellen gebracht, wo wir bis nachmittags um l6 Uhr auf einen Lastwagen warteten, der uns nach Bunia bringen sollte. Wir waren umringt von Rebellen, die uns einer nach dem anderen ein Vortag hielten, um zu erklären, dass wir Verbrecher seinen, die eigentlich den Tod verdienten. Da kein Lastwagen kam, um uns nach Bunia zu bringen brachte man uns wieder in Mission zurück. Vierzehn Tage blieben wir dann noch in Nioka unter Bewachung. Leute aus der Nachbarschaft brachten uns zu essen, denn von den Rebellen bekamen wir nichts. Aber unter den Rebellen waren auch junge Leute, die in die Rebellenarmee eingetreten waren, und die uns kannten und uns gut gesinnt waren. Da kam es vor, dass der eine und andere unter ihnen bei Nacht kamen und uns zu essen brachten. Viele von diesen Rebellen suchten zu fliehen, weil sie nicht mehr mitmachen wollten. Nach zwei Wochen wurden wir wieder auf unsere Missionsstation zurück gebracht. Kaum drei Wochen zu Hause wurden wir am 4. November wieder geholt und nach Fataki gebracht. Zuerst waren wir auf dem Hauptquartier der Rebellen. Da sie aber kleinen Platz und nichts zu essen für uns hatten brachten sie uns in das Pensionat der Schwestern. Diese holländischen Schwestern von Engelmünster leiteten eine höhere Schule für Mädchen mit Internat. Da kein Unterricht mehr war, waren auch die Klassenzimmer frei. Dort wurden wir untergebracht. Nach und nach kamen alle Paters und Schwestern aus dem Norden der Diözese Bunia an. Im Ganzen waren wir 30 Weiße Väter und 40 Ordensschwestern aus mehreren Kongregationen. Darunter waren auch Karmelitinnen, die aus ihrem Konvent in Fataki heraus geholt und zu uns gebracht wurden. Wir durften gar nichts mitnehmen. Wir trugen nur unsere Ganduren (Ordernskleid). Die Schwestern von Fataki gaben einem Jeden von uns eine Wolldecke zum schlafen. Wir schliefen auf dem Boden oder auf den Schulbänken. Wir trugen Tag und Nacht die gleichen Kleider, die Gandura. Die Schwestern versorgten uns mit Essen, aus ihren Reserven und dem, was die Christen für uns brachten. Im Allgemeinen waren die Rebellen uns nicht schlecht gesinnt. Nur wenn sie betrunken waren, und das kam oft vor, wurden sie gefährlich und unberechenbar. Unter den Rebellen waren auch Jugendliche. Sie amüsierten sich damit, uns wie Schulkinder Gymnastik machen zu lassen. Hinliegen, aufstehen, Knie beugen. Einen alten Pater der nicht hinknien konnte, haben sie geschlagen. Roland Mölders, ein Neuankömmling nach seiner Priesterweihe, der in der belgischen Armee Leutnant war, machte eine Bemerkung, die den Rebellen nicht gefiel . Er musste durch ganz Fataki hindurch laufen, von bewaffneten Rebellen gefolgt. Zum Glück haben sie uns erlaubt jeden Tag in der Hauskapelle der Schwestern eine hl. Messe zu feiern. In der Zwischenzeit kam die National-Armee, unterstützt von Söldnern immer näher. Je näher sie kamen umso nervöser wurden unsere Bewacher. Sie warfen uns vor, dass wir diese Söldner zur Hilfe gerufen haben. Am Vorabend vom Apostelfest, dem Fest des hl. Andreas, erhielten einige von uns die Erlaubnis von einem katholischen Offizier, einem ehemaligen Soldaten, in der Pfarrkirche Beichte zu hören. Ein evangelischer Rebellen-Offizier, der betrunken war nahm vier Patres, die Beichte gehört hatten, mit auf einem Lastwagen, in Richtung Bunia. An einem Vorort von Bunia begegneten sie einem entgegenkommenden Lastwagen voller Rebellen. Bunia war von den Söldnern und der Nationalarmee eingenommen worden. Die Rebellen waren auf der Flucht. Als sie die vier Weißen auf dem Lastwagen sahen, befahlen sie diesen, abzusteigen und davon zu laufen. Dann schossen sie auf die Mitbrüder. Sie kontrollierten ob sie alle tot waren. Drei waren tot und der vierte, Pater Feckt stellte sich tot. Er war unverletzt aber unter Schock. Als die Rebellen weg waren ging er in das Dorf und wurde auf die Mission gebracht. In der Zwischenzeit kamen die aus Bunia geflüchteten Rebellen in Fataki an. Wir merkten, dass die Situation für uns sehr gefährlich wurde. Die Rebellen wollten fliehen. Sie hatten aber nicht genügend Fahrzeuge und konnten uns unmöglich mitnehmen. Sie wollten uns aber auch nicht frei lassen. Sie waren wütend auf die weißen Söldner, die sie bekämpften und wollten uns töten. Weil wir aber so zahlreich waren, 70 Leute suchten sie uns in kleinere Gruppen aufzuteilen. Sie fragten uns nach unserer Nationalität. Für sie waren die Hauptfeinde die Amerikaner und die Belgier. Da stellten sie uns alle gegen eine Wand. Sie besprachen sich, ob sie schießen sollten. Unser Regional gab uns die Generalabsolution. Alle Mitbrüder außer uns Deutschen hatten ihren Militärdienst gemacht und viele waren Offiziere. Sie sagten wir greifen sie an. Als die Rebellen das merkten gingen sie um Verstärkung zu holen. Wir waren für kurze Zeit unbewacht und konnten ein Versteck aufsuchen, das von den Engelmünster Schwestern vorbereitet war für sie selber. Es waren die Duschräume für die Schülerinnen, deren Fenster zugemauert waren. Nur eine Schwester war noch nicht im Versteck als die Rebellen mit Verstärkung zurück kamen. Sie versteckte sich hinter einem langen Vorhangg und die Rebellen stürmten an ihr vorbei ohne sie zu entdecken. Hätten sie diese Schwester entdeckt, wären wir wohl kaum am Leben geblieben. Wir blieben drei Tage und drei Nächte in dem Versteck. Die Söldner, die Bunia eingenommen hatten, haben erfahren, dass 30 Weiße Väter und 40 Missionsschwestern in Fataki in den Händen der Rebellen waren. Sie beschlossen 100 km durch von den Rebellen besetztem Gebiet zu fahren, um uns zu befreien, wenn wir noch am Leben waren. So kamen sie am 4. Dezember mit mehreren Fahrzeugen bei uns an. Bei Nacht fuhren wir auf Lastwagen geladen, von Fataki nach Bunia. In Bunia wurde noch gekämpft. Von dort sollten wir mit einem amerikanischen Transportflugzeit nach Kinshasa geflogen werden. Da die Rebellen aber bei Nacht die Landebahn mit leeren Benzinfässern blockiert hatten, wurde die Landung des Flugzeuges verzögert. Als es endlich ankam wurden wir als Fracht verladen, denn es gab keine Sitzplätze im Flugzeug. Da kam eine Nachricht aus Kisangani, dass ein Söldner verwundet mit einem Lungensteckschuss dort wartete, um abgeholt zu werden. Die Landung war gefährlich, da dort noch gekämpft wurde. Aber es gelang. In wenigen Minuten waren wir wieder in der Luft, Richtung Kinshasa. Obgleich viele von uns in Kinshasa bleiben wollten, mussten wir alle nach Europa zurück. Wir übernachteten in der Prokura St. Anne, und auch in anderen Missionsstationen. Von Kinshasa aus konnten wir Telegramme nach Europa schicken, um den Angehörigen Bescheid zu geben, dass wir noch am Leben und in Sicherheit waren und dass wir bald nach Hause kommen würden. Ein Flugzeug brachte uns, und andere befreite Missionare und Missionsschwestern nach Brüssel. Wir hatten kein Gepäck außer den Kleidern, die wir auf dem Leib trugen, d.h. die Gandura und eine Wolldecke. In Brüssel angekommen wurden wir empfangen vom Roten Kreuz, die uns warme Kleider verteilten, denn es war sehr kalt. In Brüssel angekommen erfuhren wir auch, dass fünf weitere Mitbrüder aus unserer Diözese in Aba umgebracht wurden darunter zwei Mal zwei leibliche Brüder. Da in Brüssel nicht genügend Übernachtungsmöglichkeit war, für so viele Leute fragte man, wer gleich weiterfahren konnte. So bin ich mit dem Bruder Adelhard nach Frankfurt gefahren, wo wir um Mitternacht ankamen und auf dem Bahnhof von P. Henn und P. Huber abgeholt wurden. Im Zug schauten uns die Leute verwundert an, denn Bruder Adelhard und ich trugen das Ordenskleid, die Gandura, die wir zwei Monate getragen hatten und die verschmutzt waren. Ich selber hatte einen ungepflegten Bart. Unsere Nachbarn fragten uns: Wo kommt denn Ihr her? Wir kommen aus dem Kongo. Vor ein paar Tagen waren wir noch in Geiselhaft bei den Rebellen. Nach zwei Monaten bekam ich einen Brief von unserem Regional, der mir mitteilte, dass ich wieder in die Pfarrei Lima zurückkehren sollte. Aber eine Woche später bekam ich die Ernennung aus Rom in die Heimatprovinz, für zwei Jahre Werbearbeit, aus denen dann 3 Jahre wurden. Danach konnte ich wieder zurück in den Kongo.
Mehr Infos zu der Simba-Rebellion auf Wikipedia
Wie kam es zu dem Aufstand des Rebellenführers Mulele? Gleich nach der Unabhängigkeit vom Kongo im Jahr 1960 kam es zu Meutereien in der Armee. Die kongolesischen Soldaten wollten keine belgischen Offiziere mehr, die auch nach der Unabheitigkeitserklärung immer noch die Armee dirigierten. Bei diesen Unruhen, die sich im ganzen Kongo verbreiteten, wurden wir Missionare zusammen mit den anderen Weißen misshandelt und ins Gefängnis gesteckt. Auch ich und die anderen Patres aus unserer Pfarrei und den Nachbarpfarreien kamen für drei Tage in das Gefängnis von Bunia. Auch der Bischof von Bunia, ein Belgier, wurde festgenommen. Viele Nichtkongolesen flohen aus dem Land. Bald aber kam der Umsturz mit der Ermordung des Lumumba. Mobutu kam an die Macht. Darauf war es wieder relativ ruhig. Die Ausländer, Belgier, Inder und Griechen kehrten in den Kongo zurück und auch wir Missionare konnten ungestört unserer Arbeit nachkommen. In den kommenden Jahren nahm die Korruption in den führenden Kreisen und der ökonomische Zerfall immer mehr zu, sodass die Bevölkerung immer unzufriedener wurde mit der Regierung.
Das wurde benutzt von den Russen und Chinesen, die in den Nachbarländern ihre Leute an die Macht gebracht hatten, um eine Revolution anzuzetteln. Zuerst wurde die Jugend der MNC (die Partei des ermordeten Lumumba) neu organisiert. Im Ausland, vor allem in Russland und in China wurden die früheren Führer der MNC als Revolutionäre ausgebildet. So war auch der Bruder eines unserer Arbeiter unserer Pfarrei in Moskau. Im Jahr 1964 brach die Rebellion gegen die Regierung von Mobutu aus, zuerst im Süden des Landes, in Katanga.
Bei uns in der Nähe wohnte ein Russe, der schon 1960 sehr tätig war und der auch jetzt wieder von Anfang an mit den Rebellen in Funkverbindung war und der in unserer Gegend das Kommen der Rebellen vorbereitete. Ein Teil der kongolesischen Armee lief zu den Rebellen über. Bei den Rebellen spielte der Aberglauben eine große Rolle. Sogenannte Zauberer gaben ihnen Medikamente, die sie unverwundbar machten sollten. Die Rebellen glaubten das und gingen deshalb wie wild in den Kampf. Damit das Medikament seine Kraft nicht verlor, mussten sie eine ganze Reihe Vorschriften befolgen. So durften sie z.B. Niemand die Hand geben, durften keinen Sexualverkehr haben u.s.w. Wenn nun einer der Rebellen getötet wurde, sagte man den Anderen, er sei nur deshalb getötet worden, weil er die Vorschriften nicht befolgt hatte. Ein deutscher Arzt in Bukavu hat die Drogen die man ihnen gab untersucht und hat festgestellt, dass diese so stark wirkten, dass wenn er einen Schuss in den Arm oder Fuß bekam, er keinen Schmerz verspürte, solange nicht ein lebenswichtiges Organ getroffen war. In den ersten Wochen kamen die Rebellen von Zeit zu Zeit auf die Missionsstation um Benzin zu holen, natürlich ohne zu zahlen. Ein anders Mal brauchten sie eine Batterie und zum Schluss nahmen sie alle unsere Autos und Motorräder. Die Leute aus den Dörfern mussten den Rebellen zu Essen bringen, Hühner, Ziegen u.s.w. Überall wo sie hinkamen, begann dieses schreckliche Töten von Unschuldigen vor einem Standbild des Lumumba. Auch unser Bischof Thowa Kuba ein Kongolese, zusammen mit seinem belgischen Generalvikar standen vor dem Standbild des Lumumba zur Erschießung weil sie den Rebellen Geld geben sollten, das sie nicht besaßen. In den drei Monaten Besatzung durch die Rebellen, wurden in unserer Gegend hunderte niedergemetzelt. Zuerst waren es diejenigen, die eine führende Stellung hatten und die vom Staat bezahlt wurden. Dazu gehörten auch die Lehrer. Danach wurden von der Lumumba-Jugend viele andere Leute zu den Rebellen geschleppt und der Zauberei, des Diebstahles oder anderer Vergehen angeklagt, und von den Rebellen getötet. Die Leute wurden gezwungen, diesen Hinrichtungen beizuwohnen und Beifall zu klatschen. In Bunia allein wurden über tausend Leute unter schrecklichen Qualen getötet. Eines Tages es war am 30. September 1964, kam ein Rebell in betrunkenem Zustand und befahl uns drei Patres von Luma auf den Lastwagen zu klettern der vor der Missionsstation angehalten hatte, ohne dass wir zurück durften, um etwas mitzunehmen. Um seiner Drohung, uns zu erschießen mehr Gewicht zu geben, stieß er mir mit dem Gewehrkolben in den Rücken, dass ich hinstürzte.Auch fünf italienische Missions-Schwestern mussten auf den Lastwagen klettern. Auch sie durften nichts mitnehmen. Ich hatte gerade noch die Zeit einem kongolesischen Ordensbruder meinen Zimmerschlüssel zuzuwerfen. Die 120 km Fahrt bei Nacht hatten wir die Zeit uns auf den Tod vorzubereiten, denn wir waren auf das Schlimmste gefasst. Als wir in Nioka ankamen, empfing uns der Rebellenführer ganz freundlich. Er sagte er hätte den Befehl alle Patres und Schwestern fest zu nehmen, weil sie in einer Missionsstation ein Funkgerät gefunden haben, mit dem die Amerikaner zu Hilfe gerufen worden wären um die Rebellen zu töten. (Die protestantischen Missionare hatten tatsächlich solche Funkgeräte) Wir konnten auf der Missionsstation übernachten, die von einem einheimischen Priester betreut wurde. Am nächsten Tag wurden wir zum Hauptquartier der Rebellen gebracht, wo wir bis nachmittags um l6 Uhr auf einen Lastwagen warteten, der uns nach Bunia bringen sollte. Wir waren umringt von Rebellen, die uns einer nach dem anderen ein Vortag hielten, um zu erklären, dass wir Verbrecher seinen, die eigentlich den Tod verdienten. Da kein Lastwagen kam, um uns nach Bunia zu bringen brachte man uns wieder in Mission zurück. Vierzehn Tage blieben wir dann noch in Nioka unter Bewachung. Leute aus der Nachbarschaft brachten uns zu essen, denn von den Rebellen bekamen wir nichts. Aber unter den Rebellen waren auch junge Leute, die in die Rebellenarmee eingetreten waren, und die uns kannten und uns gut gesinnt waren. Da kam es vor, dass der eine und andere unter ihnen bei Nacht kamen und uns zu essen brachten. Viele von diesen Rebellen suchten zu fliehen, weil sie nicht mehr mitmachen wollten. Nach zwei Wochen wurden wir wieder auf unsere Missionsstation zurück gebracht. Kaum drei Wochen zu Hause wurden wir am 4. November wieder geholt und nach Fataki gebracht. Zuerst waren wir auf dem Hauptquartier der Rebellen. Da sie aber kleinen Platz und nichts zu essen für uns hatten brachten sie uns in das Pensionat der Schwestern. Diese holländischen Schwestern von Engelmünster leiteten eine höhere Schule für Mädchen mit Internat. Da kein Unterricht mehr war, waren auch die Klassenzimmer frei. Dort wurden wir untergebracht. Nach und nach kamen alle Paters und Schwestern aus dem Norden der Diözese Bunia an. Im Ganzen waren wir 30 Weiße Väter und 40 Ordensschwestern aus mehreren Kongregationen. Darunter waren auch Karmelitinnen, die aus ihrem Konvent in Fataki heraus geholt und zu uns gebracht wurden. Wir durften gar nichts mitnehmen. Wir trugen nur unsere Ganduren (Ordernskleid). Die Schwestern von Fataki gaben einem Jeden von uns eine Wolldecke zum schlafen. Wir schliefen auf dem Boden oder auf den Schulbänken. Wir trugen Tag und Nacht die gleichen Kleider, die Gandura. Die Schwestern versorgten uns mit Essen, aus ihren Reserven und dem, was die Christen für uns brachten. Im Allgemeinen waren die Rebellen uns nicht schlecht gesinnt. Nur wenn sie betrunken waren, und das kam oft vor, wurden sie gefährlich und unberechenbar. Unter den Rebellen waren auch Jugendliche. Sie amüsierten sich damit, uns wie Schulkinder Gymnastik machen zu lassen. Hinliegen, aufstehen, Knie beugen. Einen alten Pater der nicht hinknien konnte, haben sie geschlagen. Roland Mölders, ein Neuankömmling nach seiner Priesterweihe, der in der belgischen Armee Leutnant war, machte eine Bemerkung, die den Rebellen nicht gefiel . Er musste durch ganz Fataki hindurch laufen, von bewaffneten Rebellen gefolgt. Zum Glück haben sie uns erlaubt jeden Tag in der Hauskapelle der Schwestern eine hl. Messe zu feiern. In der Zwischenzeit kam die National-Armee, unterstützt von Söldnern immer näher. Je näher sie kamen umso nervöser wurden unsere Bewacher. Sie warfen uns vor, dass wir diese Söldner zur Hilfe gerufen haben. Am Vorabend vom Apostelfest, dem Fest des hl. Andreas, erhielten einige von uns die Erlaubnis von einem katholischen Offizier, einem ehemaligen Soldaten, in der Pfarrkirche Beichte zu hören. Ein evangelischer Rebellen-Offizier, der betrunken war nahm vier Patres, die Beichte gehört hatten, mit auf einem Lastwagen, in Richtung Bunia. An einem Vorort von Bunia begegneten sie einem entgegenkommenden Lastwagen voller Rebellen. Bunia war von den Söldnern und der Nationalarmee eingenommen worden. Die Rebellen waren auf der Flucht. Als sie die vier Weißen auf dem Lastwagen sahen, befahlen sie diesen, abzusteigen und davon zu laufen. Dann schossen sie auf die Mitbrüder. Sie kontrollierten ob sie alle tot waren. Drei waren tot und der vierte, Pater Feckt stellte sich tot. Er war unverletzt aber unter Schock. Als die Rebellen weg waren ging er in das Dorf und wurde auf die Mission gebracht. In der Zwischenzeit kamen die aus Bunia geflüchteten Rebellen in Fataki an. Wir merkten, dass die Situation für uns sehr gefährlich wurde. Die Rebellen wollten fliehen. Sie hatten aber nicht genügend Fahrzeuge und konnten uns unmöglich mitnehmen. Sie wollten uns aber auch nicht frei lassen. Sie waren wütend auf die weißen Söldner, die sie bekämpften und wollten uns töten. Weil wir aber so zahlreich waren, 70 Leute suchten sie uns in kleinere Gruppen aufzuteilen. Sie fragten uns nach unserer Nationalität. Für sie waren die Hauptfeinde die Amerikaner und die Belgier. Da stellten sie uns alle gegen eine Wand. Sie besprachen sich, ob sie schießen sollten. Unser Regional gab uns die Generalabsolution. Alle Mitbrüder außer uns Deutschen hatten ihren Militärdienst gemacht und viele waren Offiziere. Sie sagten wir greifen sie an. Als die Rebellen das merkten gingen sie um Verstärkung zu holen. Wir waren für kurze Zeit unbewacht und konnten ein Versteck aufsuchen, das von den Engelmünster Schwestern vorbereitet war für sie selber. Es waren die Duschräume für die Schülerinnen, deren Fenster zugemauert waren. Nur eine Schwester war noch nicht im Versteck als die Rebellen mit Verstärkung zurück kamen. Sie versteckte sich hinter einem langen Vorhangg und die Rebellen stürmten an ihr vorbei ohne sie zu entdecken. Hätten sie diese Schwester entdeckt, wären wir wohl kaum am Leben geblieben. Wir blieben drei Tage und drei Nächte in dem Versteck. Die Söldner, die Bunia eingenommen hatten, haben erfahren, dass 30 Weiße Väter und 40 Missionsschwestern in Fataki in den Händen der Rebellen waren. Sie beschlossen 100 km durch von den Rebellen besetztem Gebiet zu fahren, um uns zu befreien, wenn wir noch am Leben waren. So kamen sie am 4. Dezember mit mehreren Fahrzeugen bei uns an. Bei Nacht fuhren wir auf Lastwagen geladen, von Fataki nach Bunia. In Bunia wurde noch gekämpft. Von dort sollten wir mit einem amerikanischen Transportflugzeit nach Kinshasa geflogen werden. Da die Rebellen aber bei Nacht die Landebahn mit leeren Benzinfässern blockiert hatten, wurde die Landung des Flugzeuges verzögert. Als es endlich ankam wurden wir als Fracht verladen, denn es gab keine Sitzplätze im Flugzeug. Da kam eine Nachricht aus Kisangani, dass ein Söldner verwundet mit einem Lungensteckschuss dort wartete, um abgeholt zu werden. Die Landung war gefährlich, da dort noch gekämpft wurde. Aber es gelang. In wenigen Minuten waren wir wieder in der Luft, Richtung Kinshasa. Obgleich viele von uns in Kinshasa bleiben wollten, mussten wir alle nach Europa zurück. Wir übernachteten in der Prokura St. Anne, und auch in anderen Missionsstationen. Von Kinshasa aus konnten wir Telegramme nach Europa schicken, um den Angehörigen Bescheid zu geben, dass wir noch am Leben und in Sicherheit waren und dass wir bald nach Hause kommen würden. Ein Flugzeug brachte uns, und andere befreite Missionare und Missionsschwestern nach Brüssel. Wir hatten kein Gepäck außer den Kleidern, die wir auf dem Leib trugen, d.h. die Gandura und eine Wolldecke. In Brüssel angekommen wurden wir empfangen vom Roten Kreuz, die uns warme Kleider verteilten, denn es war sehr kalt. In Brüssel angekommen erfuhren wir auch, dass fünf weitere Mitbrüder aus unserer Diözese in Aba umgebracht wurden darunter zwei Mal zwei leibliche Brüder. Da in Brüssel nicht genügend Übernachtungsmöglichkeit war, für so viele Leute fragte man, wer gleich weiterfahren konnte. So bin ich mit dem Bruder Adelhard nach Frankfurt gefahren, wo wir um Mitternacht ankamen und auf dem Bahnhof von P. Henn und P. Huber abgeholt wurden. Im Zug schauten uns die Leute verwundert an, denn Bruder Adelhard und ich trugen das Ordenskleid, die Gandura, die wir zwei Monate getragen hatten und die verschmutzt waren. Ich selber hatte einen ungepflegten Bart. Unsere Nachbarn fragten uns: Wo kommt denn Ihr her? Wir kommen aus dem Kongo. Vor ein paar Tagen waren wir noch in Geiselhaft bei den Rebellen. Nach zwei Monaten bekam ich einen Brief von unserem Regional, der mir mitteilte, dass ich wieder in die Pfarrei Lima zurückkehren sollte. Aber eine Woche später bekam ich die Ernennung aus Rom in die Heimatprovinz, für zwei Jahre Werbearbeit, aus denen dann 3 Jahre wurden. Danach konnte ich wieder zurück in den Kongo.
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