Bruder Günther

Bruder Günther


Vorderseite: eine bis in die 50er Jahre bei den Weißen Vätern oftmals verwendete Darstellung; in der Mitte sitzt die Gottesmutter mit dem Jesusknaben vor einer leuchtenden Gloriole; links kniet ein Negerjunge, an dessen weit zur Gottesmutter hin ausgebreiteten Armen noch die gesprengten Ketten (der heidnischen Sklavenschaft) haften; rechts kniet ein jugendlicher, bärtiger Weißer Vater in Ordenstracht, die Hände zum Gebet gefaltet. Rückseite: zentral in der Mitte ein Porträtfoto von Bruder Günther, außerdem der Anlass des Bildchens mit frommer Widmung, sowie ein kurzer Gebetsruf zu Maria

Als ich im April 1956 nach Haigerloch kam, lernte ich drei Missionsbrüder kennen: Bruder Jodock, Bruder Günther, Bruder Matthias. Bruder Jodok war für die häuslichen Arbeiten zuständig, z.B. Reparaturen, Ordnung in Haus und Keller. Bruder Matthias wohnte über dem Schweinestall im etwas abseits gelegenen Stallgebäude und war für die Tiere, Schweine und Kühe, verantwortlich und Bruder Günther, der sein kleines Zimmerchen ebenfalls über dem Stall hatte, besorgte den großen Garten und half ggf. dem bescheidenen Bruder Matthias, der mit manchen Arbeiten so seine Probleme hatte. Bruder Günther lernte ich als ruhigen und bescheiden zufriedenen Menschen kennen, der in aller Gottergebenheit seine täglichen Pflichten ausführte. Hat man als Schüler bei der Handarbeit im Garten groben Unfug gemacht, so konnte der sonst zurückhaltende Ordensmann gewaltig aufbrausen. Viel geredet oder erzählt haben wir mit Bruder Günther eigentlich nie; dazu gab es auch gar keine Gelegenheit.
Die drei Brüder saßen außen am Patrestisch im Speisesaal. 1956 trugen sie nur Gandura und Burnus und gelegentlich die Scheschia (= fezähnliche, rote Kopfbedeckung); den dreifachen Rosenkranz als doppelt umgelegte Halskette durften nur die Patres tragen. Böse Zungen sagten damals, die Patres tragen den Rosenkranz um den Hals und die Brüder müssen ihn täglich beten. So sollten die Patres neben dem täglichen Brevier auch einen Rosenkranz beten, währenddessen die Brüder täglich alle drei Rosenkränze – freudenreicher, schmerzhafter und glorreicher – beten sollten. Erst das Generalkapitel im Juli 1957 brachte eine Änderung: Von nun an sollten die Brüder auch die dreifache Rosenkranzkette tragen. Um jedoch Patres und Bruder unterscheiden zu können, bestand bei den Brüdern das kleine Kreuz auf der Brust nur aus schwarzen Perlen.

Dr. Hajo Stenger

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