Haigerloch - das Fürstenstädtchen
Aus dem Nachtrag zur Schöpfungsgeschichte:Haigerloch ist ein kleines Städtchen in Hohenzollern.
„Der Teufel sprach im Zorne noch:
Es werde Horb und Haigerloch!“
Der Name Haigerloch, was soviel wie "Reiherwald" bedeutet, tritt uns erstmals urkundlich im Jahre 1095 entgegen. "In castro Haigerloch" wurde über den Reliquien des hl. Georg eine Schenkung zugunsten des Klosters St. Georgen im Schwarzwald vollzogen. Diese erste Burg befand sich wohl in der Nähe des Römerturms, der als Bergfried der Burg anzusehen ist. Schwerpunkt des Machtbereichs der damaligen Grafen von Haigerloch war das Gebiet links der Eyach.
Nach dem Aussterben der Burggründer bezeichnen sich ab 1170 die Grafen von Hohenberg als Herren von Haigerloch, was sie vermutlich durch die Heirat einer Erbtochter erreichten; ein nicht nur in dieser Zeit sehr probates Mittel , um seine Herrschaft zu vergrößern. Sie begannen um das Jahr 1200 mit dem Bau einer neuen Burg, strategisch günstig gelegen, auf dem Felssporn über dem rechten Eyachufer an der Stelle des heutigen Schlosses und bauten Haigerloch zu ihrer Residenz aus, wodurch sich das wirtschaftliche Zentrum der Stadt verlagerte. Die Oberstadt blieb der vorwiegend Ackerbau betreibende Teil, während die Unterstadt nun den Markt aufnahm, um den sich die Handwerkerbetriebe und öffentlichen Einrichtungen gruppierten. In das beginnende 13. Jahrhundert fällt die Stadterhebung.
Rudolf von Habsburg (1273 - 1291), der als Schwager Graf Albrechts II. von Hohenberg-Haigerloch (1258 - 1298) verschiedentlich zu Haigerloch in Beziehung trat, verlieh Haigerloch auch die Stadtrechte.Damais begann eine Blütezeit, und auf der Burg fanden rauschende Feste und Turniere statt. Der den schönen Künsten gegenüber aufgeschlossene Graf Albrecht II. verfasste auch selbst Minnelieder. Eine seiner Dichtungen ist in der berühmten Heidelberger Manessischen Liederhandschrift überliefert. Die dazugehörige Darstellung zeigt ihn als kämpfenden Ritter vermutlich in seiner letzten Schlacht gegen Otto II. von Niederbayern.
Nach der Hochblüte folgte jedoch ein rascher Niedergang. Aufgrund von Erbstreitigkeiten trennten sich zunächst Ober- und Unterstadt im Jahre 1354, wobei jeder Stadtteil einen eigenen Vogt, Schultheiß und einen eigenen Rat erhielt. Gleichzieitig mit der Wiedervereinigung 1381 wurde Haigerloch dann an Österreich verkauft. Doch auch die Habsburger waren in ständigen Finanzschwierigkeiten, so dass Haigerloch mehrmals verpfändet wurde, so unter anderem auch an die Grafen von Württemberg.
Gräfin Mechthild von Württemberg (gest. 1485), die Mutter von Graf Eberhard im Barte, der 1477 die Tübinger Universität gegründet hat, entwickelte eine besondere Vorliebe für Haigerloch. Unter ihrer Herrschaft wurden wichtige Dokumente und Verträge niedergeschrieben, so z. B. 1457 das so- genannte "Stadtbüchle", das noch Jahrhunderte lang für das öffentliche und private Recht in der Herrschaft Haigerloch richtungweisend war.
Die Wallfahrtskirche Sankt Anna wurde 1753-1757 durch Fürst Josef Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen errichtet Er bestellte den Haigerlocher Hauptbaumeister Christian Großbayer unter Mitwirkung des jungen Bildhauers Johann Georg Weckenmann, den der Fürst nach Haigerloch geholt hatte, sowie den Hofmaler Meinrad von Au aus Sigmaringen. Vor der Errichtung der jetzigen Wallfahrtskirche befand sich an dieser Stelle eine bereits urkundlich 1408 erwähnte Kapelle, deren Gnadenbild, der heute in der Kirche befindlichen Mutter Anna Selbdritt-Gruppe nachempfunden ist. Die Anna-kirche ist neben der Wieskirche im Pfaffenwinkel die einzige Barockkirche ohne Einflüsse anderer Stilrichtungen, wie etwa der Renaissance.
Der Römerturm, in früheren Urkunden, ObererTurm oder Hoher Turm genannt, wurde um 1150 als Bergfried der 1095 erstmals erwähnten Burg Haigerloch erbaut. Zum ersten Mal schriftlich erwähnt im Jahre 1375. Der Turm stammt also nicht aus der Römerzeit. Erst im 19. Jahrhundert stellte jemand fest, dass es sich um ein romanisches Bauwerk handelt. Daher der Name Römerturm. Früher trug der Turm einen Fachwerkaufsatz mit Krüppelwalmdach. Seine heutige Gestalt erhielt der Turm 1744 bis 1746 durch den Haigerlocher Baumeister Christian Großbayer anlässlich des Umbaus zum Glockenturm für die nur wenige Meter entfernte Oberstadtkirche St. Ulrich, die leider 1839 völlig abgerissen wurde.
Die Evangelische wurde 1860 bis 1863 nach Plänen des königlich-preußischen Salineninspektors K. L. Raiffeisen , einem Bruder des Gründers der landwirtschaftlichen Genossenschaften erbaut. Mit Hilfe vieler Spenden wurde die evangelische Kirche in Haigerloch erstellt. Das Kirchengebäude ist dem neugotischen Stil der damals gerade fertiggestellten Zollerburg angeglichen. 1952 -1953 erfüllte sıch der Düsseldorfer Kunstmaler Friedrich Schüz, ein Bruder des damaligen Pfarrers Martin Schüz in Haigerloch einen Lebenstraum. Nach jahrzehntelanger Beschäftigung mit Leonardos malerischem Hauptwerk, dem Abendmahl und dessen fortschreitendem Verfall entschloss er sich zu einer Rekonstruktion in den Abmessungen des Originals, unterstützt durch den Tübinger Grafiker Gerhard und den Giessener Kunstmaler Walter Kröll. So entstand die Nachschöpfung des Heiligen Abendmals von Leonardo da Vinci im Altarraum der Kirche.
Im Jahre 1783 erhielt die jüdische Gemeinde Haigerloch die Erlaubnis, in dem ihrem zugewiesenen Wohnviertel Haag eine Synagoge mit Räumen für den Gottesdienst, die Schule, Wohnung des Synagogendieners und ein rituelles Bad zu errichten. In der Reichspogromnacht 1900 wurde die Inneneinrichtung von Sulzer SA-Leuten vollständig zerstört. Nach dem Krieg verkaufte die jüdische Kultusgemeinde das ihr zurückgegebene Gebäude an einem Privatmann. Für die jüdische Gemeinde entwürdigend, diente es kurze Zeit als Kino, dann als Einkaufszentrum und schließlich als Lagerhalle. Seit einiger Zeit bemüht sich ein Kreis engagierter Haigerlocher Bürger um ihre Wiederherstellung.
Am Eingang zum Stadtviertel Haag, dem ehemaligen jüdischen Viertel, liegt der jüdische Friedhof. Im Jahre 1802 erhielten die Juden die Erlaubnis, unterhalb des Haags einen neuen Begräbnisplatz anzulegen. Eine von der Stadt Haigerloch angebrachte Gedenktafel am Eingang erinnert an die schrecklichen Ereignisse während des "Dritten Reiches”.
Die Haigerlocher Schlosskirche wurde um 1600 unter dem Fürstenpaar Christoph und Katharine von Hohenzollern erbaut. In der Stiftungsurkunde von 1613 wurde beton, dass durch „Ergießung des durchfließenden Wassers“ die Unterstadt mit ihrer Kirche nicht mehr richtig versorgt werden könne. Der Bau sollte aber auch für die damals neu gegründete Linie des Hohenzollernhauses eine würdige Grablegung sichern. Als 150 Jahre später Fürst Josef Friedrich von Hohenhollern seine Residenz nach Haigerloch verlegte, baute der die Schlosskirche im barocken Zeitgeschmack um. Die Ausmalung machte der damals junge Sigmaringer Kirchenmaler Meinrad von Au. Das Herz des Fürsten ist in der Gruft der Schlosskirche an der Seite des Erbauers Graf Christoph beigesetzt.