Schwester Hildegard

Wie so oft hatte ich mal wieder Küchendienst. Chefin war Frau Burghart, Vice war die junge Schwester Hildegard, klein, rundlich und stets freundlich. Frau Burghart hatte einen Schäferhund, der sehr oft in der Küche sein durfte. Eine „zarte“ Beschwerde bei Pater Haag über diesen unhygienischen Zustand hatte keinerlei Erfolg. Dieses Tier hatte obendrein eine fürchterlich Angewohnheit: es drehte sich ständig im Kreis und versuchte seine Schwanzspitze zu erreichen. Das gelang durchaus mit dem Erfolg, dass das Schwanzende blutete und das Küchenmobiliar so auf etwa 40 cm Höhe diverse Blutspuren aufwies. Ich fand das ekelhaft.

Wer noch Küchendienst mit mir hatte weiß ich nicht mehr – aber ich rief zum Streik auf – erfolgreich – und ich war mir sicher, Frau Burghart würde gleich wieder zu heulen beginnen. Das schien mir eine passende Strafe für sie. Und es funktionierte: Frau Burghart weinte. Ich hatte nicht mit Schwester Hildegard gerechnet. Sie forderte mich auf, sofort die Arbeit wieder aufzunehmen. Meine Antwort: „das mach ich nicht, eher bringe ich auch Sie zum heulen“. Ihre Antwort: „das werden wir ja sehen, wer hier gleich heult“ – und zack hatte ich eine gewaltige Ohrfeige.
Geheult habe ich nicht – aber sofort wieder gearbeitet!

Genau so hat die „alte Dame“ Schwester Hildegard diese Geschichte meinem Bruder Raimund im Frühjahr 2014 erzählt, als man auf mich zu sprechen kam. Streik und Ohrfeige verbinden uns also seit rund 50 Jahren. Ich habe noch andere Erinnerungen an Schwester Hildegard – aber das wäre eine andere Geschichte.

Meinolf Pousset

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